Urlaubsplanung im Unternehmen: Was geschieht mit Resturlaub?

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Update Februar 2023

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied am 20.12.2022, dass nicht in Anspruch genommene Urlaubstage nur dann verjähren, wenn der Arbeitgeber zuvor seinen Informations- und Aufforderungspflichten nachgekommen ist. Das bedeutet, dass sich im Laufe der Beschäftigung Urlaubstage auf unbestimmte Zeit ansammeln können, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht über den bevorstehenden Verfall informiert.
Vor dieser Entscheidung war die Fachwelt überwiegend der Meinung, dass die Ansammlung ungenutzter Urlaubstage zumindest durch die Verjährungsfrist begrenzt sei und somit diese potenziell nach 3 Jahren nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres verfallen würden – unabhängig davon, ob die Arbeitgeberin ihren Informationspflichten nachgekommen oder sei oder nicht.

Dies gehört nun jedoch der Vergangenheit an und die jüngste Entscheidung hat die finanziellen Risiken für Arbeitgeber im Zusammenhang mit ungenutzten Urlaubstagen erheblich erhöht.

Das BAG präzisierte auch, dass bei Langzeiterkrankung, wenn der Arbeitnehmer im betreffenden Urlaubsjahr noch gearbeitet hat, nicht verbrauchte Urlaubstage nach Ablauf von 15 Monaten nach Ende des Kalenderjahres nur dann verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig - also vor der Arbeitsunfähigkeit – auf seine offenen Urlaubstage hingewiesen hat und auf den drohenden Verfall aufmerksam gemacht hat .

Nachdem viele Arbeitgeber bereits nach dem Urteil im Dezember in Panik gerieten und sich Schwärme ehemaliger Arbeitnehmer vorstellten, die Abgeltungsansprüche für nicht genutzte Urlaubstage von vor mehreren Jahren oder sogar Jahrzehnten stellen, konnte das BAG mit seinem Urteil vom 31. Januar 2023 die Nerven wieder etwas beruhigen.

Das Gericht hat hier eine wichtige Unterscheidung hinsichtlich der Differenzierung zwischen dem Urlaubsanspruch selbst und dem Urlaubsabgeltungsanspruch getroffen, der den Urlaubsanspruch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses "ersetzt".

Der monetäre Abgeltungsanspruch verjährt laut BAG nämlich – im Gegensatz zum Urlaubsanspruch selbst – auch dann, wenn der Arbeitgeber seinen Informationspflichten gegenüber dem jeweiligen Arbeitnehmer nicht nachgekommen ist.

Was bedeutet das in der Praxis? Das Risiko einer unendlichen Anhäufung von ungenutzten Urlaubstagen ist real solange das Arbeitsverhältnis andauert. Sobald das Arbeitsverhältnis endet, wandelt sich der offene Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch. Dieser Abgeltungsanspruch unterliegt der gesetzlichen dreijährigen Verjährungsfrist – unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seinen Hinweis- und Aufforderungspflichten nachgekommen ist.
Der Arbeitnehmer hat also 3 Jahre nach Ende des Kalenderjahres in dem das Arbeitsverhältnis endete Zeit, diesen Anspruch geltend zu machen.

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Ursprünglicher Beitrag:

Jetzt ist die Zeit zu entscheiden, ob du deinen Mitarbeiter:innen gestatten willst, die am Ende dieses Jahres verbleibenden Urlaubstage auf das nächste Jahr zu übertragen. Falls nicht, empfehlen wir, Mitarbeiter:innen darauf hinzuweisen, ihre Urlaubsanträge so bald wie möglich einzureichen. Hier klären wir, warum ein solcher Hinweis notwendig ist und was man bei der Benachrichtigung der Mitarbeiter:innen beachten muss. 

Außerdem: Am Ende des Artikels findest du eine Vorlage, die wir erstellt haben, damit du deine Angestellten rechtssicher benachrichtigen kannst. 

Rechtlicher Hintergrund: Verfällt Urlaub automatisch zum Jahresende?

Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss Urlaub zwar im laufenden Kalenderjahr genommen und gewährt werden und lange wurde daraus der automatische Verfall von Urlaubsansprüchen abgeleitet. Seit dem Urteil des BAG aus 2019, das die Vorgaben des EuGH zum Urlaubsrecht umgesetzt hat, gilt jedoch, dass Urlaub nicht mehr automatisch am Ende eines Kalenderjahres erlischt. Stattdessen verfallen Urlaubstage nur, wenn der Arbeitgeber seine Mitarbeiter:innen zuvor konkret aufgefordert hat, diese zu nehmen und auf den sonst drohenden Verfall des Urlaubs hingewiesen hat. Daher ist es ratsam alle Mitarbeiter:innen zu Beginn und erneut im Laufe des Jahres zu informieren, vor allem aber Arbeitnehmer:innen, bei denen sich einige Monate vor Jahresende zeigt, dass sie erhebliche Mengen an Urlaub noch nicht in Anspruch genommen haben.

Was muss man bei der Mitteilung beachten?

Eine entsprechende Mitteilung muss mindestens in Textform verfasst sein, d.h. die Aufforderung per E-Mail ist ausreichend, sofern der Zugang nachgewiesen werden kann. Wichtig sind dabei folgende Punkte: 

  • Wie viele Urlaubstage im betreffenden Kalenderjahr noch offen sind
  • Dass Urlaub möglichst bald beantragt wird, damit dieser im selben Jahr noch genommen werden kann
  • Dass der Urlaub verfällt, wenn er bis zum Ende des Kalenderjahres oder des Übergangszeitraums (abhängig von internen Regelung des Unternehmens, z.B. Übertrag bis März und bis zu 5 Urlaubstagen möglich) nicht genommen wird.

Mitgeteilt werden muss auch, ob Urlaub aus dem Vorjahr übertragen worden ist, um wie viele Tage es sich handelt und wann dieser Urlaub verfällt (Resturlaub aus dem Vorjahr). Zudem reicht es nicht, wenn die Mitteilung pauschal an alle Mitarbeiter:innen verschickt wird. Stattdessen müssen betroffene Angestellte individuell angeschrieben werden, damit diese den Erhalt der Mitteilung, z.B durch eine Unterschrift oder eine Antwort auf die E-Mail bestätigen können.